Für mehr Leben auf dem Friedhof

„BiodiversitätsCheck“ in Quickborn und Damnatz

bv Quickborn. „Wir bringen pro Friedhof 3 500 Euro mit“ – diese gute Nachricht verrät Landschaftsarchitektin Astrid Lahmann im Gemeindesaal neben dem Quickborner Pfarrhaus gleich zu Beginn. Lahmann hat das Projekt „BiodiversitätsCheck in Kirchengemeinden“ (BiCK) ins Leben gerufen und sucht landesweit Mitstreiter – erfolgreich: Um eine lange Tafel ist ein Dutzend Interessierter versammelt. Sie alle wollen am Workshop zur Artenvielfalt teilnehmen. Lehrer Ulli Dechant und Schulleiterin Andrea Hahlbohm sind darunter, beide leben in Siemen. Aus Damnatz kommt Manfred Schneider, aus Langendorf Friedhofswart Gerd ­Rogge. Aus Klein Heide ist Corinna Siebert gekommen, begleitet von ihrer Schwester Ute Hajen, die zu Besuch ist, ansonsten in Namibia lebt. Kirchengemeinden konnten sich für den BiCK bewerben. Damnatz und Quickborn wurden ausgewählt. Vor Kurzem fand der erste Workshop in Quickborn statt. Kleiner Exkurs: Die biologische Vielfalt oder Biodiversität umfasst die Vielfalt der Arten, die Vielfalt der Lebensräume und innerhalb der Tier- und Pflanzenarten die genetische Vielfalt. Astrid Lahmann: „Die ­Bedeutung der biologischen Vielfalt ist viel mehr als ,nur‘ Artenschutz. Indem wir Biodiversität fördern und erhalten, sichern wir unsere Lebensgrundlagen auf der Erde.“ Auch habe die Bestattungskultur sich geändert, informiert der gastgebende Pastor Jörg Prahler. Deshalb böte sich inzwischen auf Friedhöfen mehr Raum für Natur. Denn Friedhöfe bieten eine Quelle der Vielfalt, die es nicht nur zu erhalten, sondern auch zu fördern gilt. In den Monaten März und April fanden deshalb die Checks statt, nun sind die Workshops dran. Die Bepflanzungen folgen dann im Herbst, erläutert Lahmann. So ist genügend Vorlaufzeit für die Planung. Erste Artenschutzmaßnahmen konnten schon im Frühjahr umgesetzt werden. Ziel des Checks ist es, „die Potenziale der ökologischen Aufwertung zu identifizieren. Wichtig ist zu analysieren, was an wertvollen Lebensräumen, Arten, Umständen bereits existent ist, die es zu erhalten gilt.“

Für die beiden Standorte Quickborn und Damnatz hat dies Biologin Heinke Kelm durchgeführt. Sie hat bei einer floristischen Kartierung des Friedhofs in Damnatz 62 Arten gefunden. Sonnige und schattige Bereiche wechseln sich ab. Auf den inzwischen zahlreichen Überhangflächen wird regelmäßig Rasen gemäht. „Das muss nicht sein“, so Lahmann: „Den Rasen zu extensivieren und Blüteninseln belassen kostet nichts, bringt aber viel.“ Wird weniger gemäht, kommen die Wiesenblumen zur Blüte.

Auf dem Friedhof in Quickborn fand Kelm gar 84 Arten auf dem Sandtrockenrasen und der Grasnelkenflur. Der sandige Geestboden ist aufgrund von Wasserstau gelegentlich wechselfeucht. Auf den inzwischen zahlreichen Flächen wird regelmäßig Rasen gemäht, aber nicht alle Flächen werden zur gleichen Zeit gemäht – so bleiben auch große Blütenflächen und Inseln etwa mit Grasnelken stehen. Weitere Maßnahmen, die folgen: „Wir werden die Arten unterstützen, indem wir heimische Sträucher, Hecken und Bäume am Kirchort anpflanzen. Mein Tipp: Lassen Sie diese wachsen und zu natürlichen Lebensräumen gedeihen – schneiden Sie nicht zu oft oder zu stark zurück. Legen Sie einheimische Nüsse – Walnuss, Haselnuss, Zirbelnuss – für das Eichhörnchen aus oder hängen sie Vogelfutterhäuser an die Bäume, mit verschiedenen Sämereien – damit erhalten viele Vogelarten Nahrung.

Und noch mehr Tipps für mehr Leben auf dem Friedhof: Das Anbringen von Nisthilfen für Gebäudebrüter, Insekten und Fledermäuse; das Anlegen von Pflanzenbeeten, Totholzhecken und Steinmauern für Insekten und Reptilien; das Entsiegen von Wegen und Plätzen; heimische Wildblumenwiesen – und das Totholz liegen lassen.

Die Kirchengemeinden werden über den gesamten Projektzeitraum von Ahlmann und ihrem Team begleitet.

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