Ziel: 35 Prozent Frauenanteil

Projekt: Mädchen und Frauen für die Feuerwehr begeistern

jk Lüchow. Sie betreuen Jugend- und Wettkampfgruppen, fahren Löschfahrzeuge, sind bei Verkehrsunfällen zur Stelle und leiten Einsätze: Feuerwehrfrauen. Auch wenn der überwältigende Teil der Feuerwehrleute auch heute immer noch Männer sind, die Zahl der Feuerwehrfrauen wächst. Bundesweit liegt ihr Anteil bei zehn Prozent, in Niedersachsen bei 13 Prozent.

Ganz vorne mit dabei: die freiwilligen Feuerwehren in Lüchow-Dannenberg mit dem landesweit höchsten Frauenanteil von 18 Prozent. Heiko Bieniußa, Pressesprecher der Kreisfeuerwehr Lüchow-Dannenberg, reicht das noch lange nicht: „Da müssen wir ran“, sagte er im Gespräch mit der Zeitung. Am Sonnabend hatte er die Feuerwehrfrauen aus dem gesamten Kreisgebiet in das Haus der Feuerwehr in Lüchow zu einem mehrstündigen Vernetzungstreffen eingeladen. Als Referentin mit dabei: Birgit Kill, Leiterin des Fachbereichs Frauen beim Deutschen Feuerwehrverband.

„Sind Frauen die besseren Feuerwehrmänner?“, fragte Kill provokativ in die Runde. Kreisbrandmeister Claus Bauck fand, die Frauen gingen zum Teil beherzter vor und stünden – da sie häufig in Teilzeit arbeiteten – eher für einen Einsatz zur Verfügung als ihre männlichen Kollegen. „Wir Frauen sind oft sportlicher, die mit der besseren Kondition und flexibler. Wir passen bei Einsätzen auch durch kleine Öffnungen“, zählte Carina Veith-Doden von der Freiwilligen Feuerwehr Woltersdorf weitere Stärken der Feuerwehrfrauen auf.

Für Birgit Kill ist klar: Die Frauen sind im Vergleich einfühlsamer, teamfähiger und verhalten sich bedachter. Zudem sei das Risiko, dass ein Mann dem plötzlichen Herztod erliege, deutlich höher als das der Frauen. Und Statistiken zeigten, dass die Mehrheit der Verkehrsunfälle in Deutschland von Männern verursachten werden. Ob man die Männer da am Steuer eines Löschzuges sehen wolle? Ob sie überhaupt für die Feuerwehr geeignet seien, legte Kill mit einem Augenzwinkern nach und löste eine Welle herzhaften Gelächters bei den rund 20 Feuerwehrfrauen aus, die zu dem Treffen gekommen waren.

Die Provokationen der Referentin haben Methode. Sie schlage in ihrem Vortrag absichtlich etwas über die Stränge, um Raum für neue Ideen zu schaffen, wie der Frauenanteil in den Feuerwehren gesteigert und ihre Rolle in den Wehren gestärkt werden können. Letztlich gehe es ihr um nichts anderes als Gleichberechtigung, sagte Kill – und zwar bei allen Positionen: „Jede Frau und jedes Mädchen kann jede Position in der Feuerwehr besetzen.“ Die gelernte Krankenschwester ist selbst aktives Mitglied der Feuerwehr in Essen und koordiniert beim Verband der Feuerwehren Nordrhein-Westfalens seit 2018 das Projekt „Frauen in der Feuerwehr“. Durch Kills Vortrag sei ihr erst bewusst geworden, „was man alles hätte machen können“, sagte Sabrina Marnitz von der Freiwilligen Feuerwehr in Mützingen. Sie war 2012 kommissarisch als erste Frauenbeautragte für die Feuerwehren im Kreisgebiet eingesetzt, stieß damals aber mit dem Thema Frauenförderung bei den noch wenigen weiblichen Mitgliedern auf keine Resonanz.

Inzwischen ist das Interesse bei den hiesigen Feuerwehrfrauen aber geweckt. Das hat die Veranstaltung am Sonnabend gezeigt. Kill streifte in ihrem Vortrag auch Themen wie den Alltagssexismus in der Feuerwehr. Manche der anwesenden Frauen teilten Erfahrungen, die sie in den Wehren oder bei Lehrgängen diesbezüglich machen mussten. Viele kennen offenbar Situationen, in denen sie als Feuerwehrfrauen nicht für voll genommen werden. „Für mich ist es egal, ob es eine Frau oder ein Mann ist. Wer Lust hat, die Arbeit zu machen, gehört dazu“, zeigte sich Kreisbrandmeister Claus Bauck offen und pragmatisch. Er weiß, ohne Frauen ist die Arbeit der freiwilligen Feuerwehren in einem ländlichen Landkreis wie diesem „gar nicht mehr anders möglich“.

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